(1) Orale Aufnahme von Zysten nach fäkaler Verunreinigung von Wasser oder Nahrung
(2) Trophozoiten exzystieren im Dünndarm und vermehren sich durch Zweiteilung
(3) Trophozoiten adhärieren an die Oberfläche der Mikrovilli des Darmepithels. Nahrungsaufnahme durch Pinozytose (Nahrungsvakuolen an der Dorsalseite)
(4) Freie Trophozoiten enzystieren im Dünndarm
(5) Zysten werden im Stuhl ausgeschieden
![]() |
|
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Giardia lamblia (Lamblia intestinalis) Giardia
lamblia (Stiles 1915), Giardia intestinalis, Giardia duodenalis (die endgültige
Nomenklatur wird 2002/2003 festgelegt)
![]() |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Systematik Stamm:
Sarcomastigophora |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kurzer
Steckbrief Bei
Giardia lamblia handelt es sich um einen parasitischen Flagellaten mit
einem direkten Lebenszyklus. Die Infektion erfolgt durch die per orale
Aufnahme von Zysten. Angeheftet an das Dünndarmepithel des Menschen
vermehren sich die Trophozoiten. Häufig bleibt die Infektion symptomlos.
Wird der Erreger nicht eliminiert, kann es zu Darmbeschwerden und Durchfall
kommen. Ob die Giardiose eine Zoonose darstellt, ob also Reservoirtiere
(Haus- und Wildtiere) epidemiologisch eine Rolle spielen, wird diskutiert. |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
![]() |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Trophozoit![]() |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Erreger
und Lebenszyklus Giardia
lamblia wird zu den urtümlichen Eukaryonten, den Archaezoa, gerechnet.
Dies deshalb, weil Lamblien weder Mitochondrien noch Peroxisomen haben
und weil ihre 16S ribosomale RNS wie auch viele ihrer Enzyme mit denen
der Bakterien verwandt sind. Eine "Golgi-ähnliche" Organelle
ist temporär in der Phase der Enzystierung nachgewiesen
worden. Kürzlich wurden in Lamblien Gene (Heat shock protein 70/chaperonin
60) entdeckt, die Ähnlichkeiten mit mitochondrialen Genen aufweisen.
Es stellt sich die Frage, ob diese Gene von endosymbiontischen Vorfahren
der Mitochondrien übernommen wurden oder ob Diplomonadiden erst sekundär
ihre Mitochondrien verloren haben. Dies würde bedeuten, dass die
mitochondriale Endosymbiose früher als angenommen stattgefunden hat
(vgl. Rogers et al. 1998, PNAS 95, 229-234). |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
![]() |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Lebenszyklus
von Giardia lamblia nach Mehlhorn. Bewegen Sie die Maus über die verschiedenen
Stadien, um mehr über den Zyklus zu erfahren.![]() |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Nach der per oralen Aufnahme und der Magenpassage schlüpfen im Duodenum aus den 4-kernigen Zysten zwei Wachstumsformen (sog. Trophozoiten). Die Stimuli zu dieser Exzystierung sind exogener Art (pH-Schock, Temperaturanstieg) und endogener Natur: Aus zytoplasmatischen Vesikeln wird eine Cystein-Protease (Cathepsin B Protease) ausgeschüttet. Cystein-Proteasen-Inhibitoren können die Exzystierung blockieren! Die Vermehrung der Trophozoiten erfolgt durch Zweiteilung insbesondere im Jejunum (Leerdarm). Ein sexueller Zyklus konnte bis heute nicht nachgewiesen werden. Diese Flagellaten (Diplomonadida) mit 8 Geisseln haben einen bilateral-symmetrischen Bau. Sie heften sich mit Hilfe einer ventralen Haftscheibe an die Oberfläche des Darmepithels. Diese Adhärenz wird durch eine Rezeptor-Ligand Interaktion (über eine Reihe von Oberflächenmolekülen, sog. Adhäsine) gesichert. Die dorsale Seite des Parasiten dient zur Aufnahme gelöster Nahrung mittels Pinozytose (kein Zytostom vorhanden!). Veränderliche Oberflächenproteine (sog. Variant surface proteins, VSP) bilden auf der ganzen Parasitenoberfläche einen "coat". Nur eine VSG-Variante wird gleichzeitig exprimiert. In Zürich wurde gezeigt, dass VS-Proteine (Molekulargewicht 70kD) Zink binden und dass sie über Disulfidbrücken vernetzt und resistent gegen enzymatischen Abbau durch Proteasen sind (eine Notwendigkeit im Dünndarm!). Im Mausmodell konnte gezeigt werden, dass die ersten Antigenwechsel 2 Wochen nach Infektion auftreten. In SCID-Mäusen (mit kombiniertem B- und T-Zelldefekt) wird im Gegensatz zu nackten Mäusen (mit einem T- Zelldefekt) kein Antigenwechsel beobachtet. Das deutet auf B-Zell abhängige Stimuli für die Antigenvarianz. Die regulatorischen Mechanismen sind heute noch unbekannt. Es dürfte sich am ehesten um eine regulierte Transkription handeln. Antigenvarianz wird als Strategie des Parasiten zur Evasion vor der Immunantwort interpretiert. |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Immunität Im
Normalfall wird eine Infektion durch das Immunsystem nach wenigen Wochen
spontan eliminiert. Lokal produzierte oder durch Muttermilch aufgenomme
IgA Antikörper wirken protektiv, indem sie die Adhärenz der
Lamblien an die Darmmukosa blockieren und zytotoxisch (auch ohne Komplement)
auf Trophozoiten wirken. Chronische Infektionen finden wir bei Menschen
mit einer Hypogammaglobulinämie, bei AIDS, wie auch im Tiermodell
bei nackten Mäusen, die über keine funktionellen T-Zellen verfügen. |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Epidemiologie Die
Übertragung erfolgt über kontaminiertes Oberflächenwasser,
in dem Zysten je nach Temperatur bis zu 4 Monate überleben können. |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Diagnose Die Diagnose erfolgt direkt oder besser nach Anreicherung des Stuhls und Färbung (SAF-Methode) mittels mikroskopischer Untersuchung. Meist werden Zysten, seltener Trophozoiten gefunden. Kommerziell sind auch "Kopro-Antigentests" erhältlich.
|
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Medizinische
Bedeutung Schon
van Leeuwenhook (1681) hat Lamblien beschrieben und als Krankheitserreger
gedeutet. Die jährliche Inzidenz wird weltweit auf 200 Millionen
Fälle geschätzt. Die Inkubationszeit beträgt zwischen einer
und 10 Wochen. Viele Infektionen verlaufen symptomlos. Man spricht in
diesen Fällen von gesunden Zystenausscheidern. Diese garantieren
die Übertragung des Parasiten (im Stuhl können Milliarden von
Zysten abgegeben werden). |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
![]() |
![]() |
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Trophozoiten
von Giardia muris im Mausdarm (Photo REM-Labor, Universität Basel)![]() |
Histologischer Schnitt durch Dünndarm (Foto Prof. K. Gyr, Kantonsspital Basel) | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Medizinische
Bedeutung (Schweiz) Die
Giardiose wird bei der schweizerischen Wohnbevölkerung relativ selten
diagnostiziert. Höher ist die Prävalenz bei Tropenrückkehrern
(3 - 4%). Eine Studie bei 815 Kälbern und 382 Schaflämmern ergab
jedoch für verschiedene Landesgegenden der Schweiz hohe Durchseuchungsraten
(im Mittel: 26% rsp. 29%!) |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kontrollmassnahmen Wiederholte
Ausbrüche der Krankheit in den USA und in Kanada haben auf die Problematik
aufmerksam gemacht. Warning! |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Web-Informationen
(Stand März 2003) http://www.biosci.ohio-state.edu/~parasite/giardia.html
(kurzer Text mit Fotos; Ohio State University) http://medstat.med.utah.edu/parasitology/glambim.html
("Bugs on the web", Fotos; Utah University) http://www.cdc.gov/travel/
(allgemeine Info für Reisende, CDC, Atlanta) |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Literatur Meyer
E.A.: "Giardiasis" in Human Parasitic Diseases Vol. 3, Elsevier,
Amsterdam, 1990 (Bibliothek STI; eine gute Übersicht, leider z.T.
schon veraltet) |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |