Exkurs Akute Entzündung (Schritt für Schritt)

Sofern ein Erreger die erste Abwehrlinie der Schleimhaut oder der Haut durchbrochen hat, werden als nächstes nichtadaptive Abwehrreaktionen ausgelöst. Sie können Krankheitserreger eliminieren oder bis zu einer adaptiven Immunantwort in Schach halten. Das ist die Aufgabe der akuten Entzündung. Wir werden uns dieser Abwehrreaktion bewusst, weil sie Krankheitssymptome auslöst. Vier wichtige Manifestation sind: Schwellung (durch das Austreten von Blutbestandteilen ins Gewebe), Rötung und Hitze (durch gesteigerten Blutzufluss) sowie Schmerz (durch Mediatoren).
Die an einer akuten Entzündung beteiligten Prozesse sind komplex und greifen ineinander. Neben Parasiten kann auch eine mechanische oder chemische Schädigung oder eine Fremdkörperreaktion eine Entzündung auslösen. Bei der Entzündung sind verschiedene Systeme beteiligt. Wir wollen hier nur auf das Komplementsystem, auf das Endothel und die Mechanismen der angeborenen (Schritte 1 bis 6) und adaptiven Immunität (Schritte 7 & 8) eingehen.
Wir lassen andere komplexe Systeme - so genannte Kontakt-Aktivierungssysteme - wie das Kinin-, das fibrinolytische und das Koagulations-System bei Seite. Eine vereinfachte Sequenz in 8 Schritten soll zu einem besseren Verständnis führen.

Über diesen Kink können Sie sich die Vorgänge bei der akuten Entzündung in einer Animation betrachten.

Schritt 1

Der Parasit induziert die alternative Komplementaktivierung

Beteiligte Wirtszellen

keine

Beteiligte Moleküle

C3 wird gespalten. Es entsteht zuerst C3a und C3b

Ergebnis

• Der Parasit wird durch C3b opsonisiert
• C3a (und später C5a) aktivieren Mastzellen und sind chemotaktisch für Entzündungszellen

Schritt 2

Mastzellen werden durch C3a und C5a aktiviert

Beteiligte Wirtszellen

Mastzellen degranulieren und setzen Effektormoleküle frei.

Beteiligte Moleküle

• Histamin (dilatiert Blutgefässe)
• Chemotaktische Faktoren u.a. für neutrophile Granulozyten
• Aus Arachidonsäure werden Lipidmediatoren (Leukotriene, Prostaglandine) frisch synthetisiert.

Ergebnis

Die lokalen Blutgefässe beginnen sich zu verändern.

Schritt 3

Opsonisierte Parasiten interagieren auch mit Makrophagen. Diese werden durch mikrobielle Strukturen („pattern recognition“) und lösliche Parasitenmoleküle (Metaboliten; u.a. Endotoxin) stimuliert.

Beteiligte Wirtszellen

Makrophagen werden aktiviert und setzen Effektormoleküle frei

Beteiligte Moleküle

Entzündungsfördernde Zytokine
• IL-8 ist chemotaktisch für neutrophile Granulozyten
• IL-1 und TNF-alpha wirken auf das Endothel (Blutgefässwand)
• IL-12 aktiviert NK Zellen
• IL-1 und IL-6 stimulieren Lymphozyten

Ergebnis

Das Endothel der lokalen Blutgefässe verändert sich weiter: Blutflüssigkeit tritt aus (Schwellung) und die Adhäsivität der Endothelwand für Leukozyten wird erhöht.

Schritt 4

Lokale Endothelzellen unterstützen das Entzündungsgeschehen

Beteiligte Wirtszellen


Endothelzellen produzieren Zytokine und exprimieren mehr Adhäsionsmoleküle

Beteiligte Moleküle

Adhäsionsmoleküle (wie ICAM-1), Chemokine

Ergebnis

Noch mehr Entzündungszellen wandern in den Infektionsort. Der Entzündungsprozess kommt nun auf Hochtouren.

Schritt 5

Neutrophile Granulozyten sind die ersten Leukozyten am Infektionsort (später folgen Makrophagen nach)

Beteiligte Wirtszellen

Neutrophile Granulozyten phagozytieren Mikroparasiten

Beteiligte Moleküle

Es werden anti-parasitäre Moleküle aktiv (toxische Sauerstoffmetaboliten, Stickoxid und lysosomale Enzyme)

Ergebnis

Parasiten werden nach Phagozytose durch intrazelluläre Verdauung eliminiert. Oft entsteht am Infektionsort Eiter, der aus Leukozyten, abgestorbenen Wirtszellen und Eiter auslösenden Bakterien besteht

Schritt 6

In den Blutkreislauf freigesetzte Zytokine aktivieren die Akute Phase Reaktion

Beteiligte Wirtszellen

Hepatozyten (Leberzellen) werden durch IL-6 stimuliert

Beteiligte Moleküle

Inflammatorische Zytokine: IL-6, auch IL-1 und TNF-alpha

Ergebnis

• Hepatozyten produzieren Akute Phase Proteine
(z.B. C-reaktives Protein, das Parasiten (speziell Bakterien) opsonisieren und Komplement aktivieren kann)
• IL1 und TNF-alpha verursachen beim Patienten Unwohlsein und Fieber
• Es kommt zu einer Leukozytenvermehrung im Blut (Leukozytose)
• Es kommt zu einer erhöhten Blutsenkungsreaktion (wegen durch Akute Phase erhöhtem Globulingehalt im Serum)

Schritt 7

Die nach einigen Tagen einsetzende adaptive humorale Immunantwort führt zu einer weiteren Verstärkung der Entzündung

Beteiligte Wirtszellen

B-Zellen aktiviert durch Antigenkontakt und Wechselwirkung mit T-Zellen

Beteiligte Moleküle

Spezifische Ak

Ergebnis

• Ak opsonisieren extrazelluläre Parasiten und erleichtern die Phagozytose
• Ak (IgM, IgG1 und IgG3) fixieren Komplement und verstärken die Komplement-Aktivierung (klassischer Weg)
• IgE-Ak interagieren mit Mastzellen und induzieren Überempfindlichkeitsreaktionen vom Soforttyp (Interaktion mit Antigen löst Degranulation der Mastzellen aus)

Schritt 8

Die nach einigen Tagen einsetzende adaptive zelluläre Immunantwort kann zu einer weiteren Verstärkung der Entzündung führen

Beteiligte Wirtszellen

T-Zellen aktiviert durch Antigen-präsentierende Zellen

Beteiligte Moleküle

Entzündungs-fördernde (inflammatorische) Zytokine: IL-1, IFN-gamma, TNF-alpha

Ergebnis

• CD4-positive T Zellen (Th1 Subklasse) produzieren IFN-gamma und TNF-alpha
• CD8-positive T-Zellen produzieren ebenfalls inflammatorische Zytokine